Ich habe mir letztes Jahr einen Harenberg-Kalender gekauft, bei dem man dann jede Woche ein neues Zitat auf einer schönen Postkarte lesen kann. Diese Postkarten nennt der Verlag „Schmuckpostkarten“. Diese unterscheiden sich von gewöhnlichen insofern, da sie mit verschiedenen Folien bedruckt worden sind und so je nach Lichteinfall bestimmte Elemente hervorgehoben werden. Leider ist er schon ausverkauft, ansonsten wĂŒrde ich ihn unbedingt empfehlen. Besonders, wenn man – wie ich – gerne Zitate verwendet und auch gerne mal die ein oder andere Schrankwand damit tapeziert ;)
Ich muss jedoch zu bedenken geben: Die Euphorie ĂŒber diesen Kalender wurde diese Woche schwer getrĂŒbt! Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass die Postkarte dieser Woche die Ausnahme bleibt.
Erstens ist die Postkarte an sich schon recht hĂ€Ălich: dunkelroter Hintergrund mit roten GrĂ€sern im Vordergrund – alles etwas dĂŒster fĂŒr Mai. Und wer jetzt meint: „Das passt doch zu dem Wetter.“, der hat zwar in gewisser Weise recht, aber wenn schon das Wetter so bescheiden ist, dann soll wenigstens mein Schreibtisch, auf dem dieser Kalender steht, fröhlicher aussehen, sonst wird man ja noch depressiv.
Nun ja, nun zu dem Corpus Delicti:
Die Ăsthetik der Karte mal auĂer Acht gelassen – das darauf befindliche Zitat, regt mich noch mehr auf:
Man muss warten können,
das GlĂŒck kommt schon.
(Paula Modersohn-Becker)
So ein Blödsinn!!! Da ich nicht fassen konnte, wie jemand so eine pessimistische Nachricht in die Welt sendet und noch schlimmer, wie jemand das dann auch noch fĂŒr genĂŒgend wertvoll erachtet, es zu veröffentlichen, habe ich mir einmal Paula’s Biographie durchgelesen – vielleicht war auch das die Intention? Dann ist sie geglĂŒckt.
Sie war wohl Malerin gegen Ende des 19. Jahrhunderts und genauso wie ich ihre ganze Lebenseinstellung – von diesem Zitat findet sich bei Wikipedia zumindest noch einmal eines in der selben Art – nicht teilen kann, kann ich ihren Bildern leider auch nichts abgewinnen. AuĂerdem bin ich der Meinung, dass sie mit ihrem eigenen Leben ihr Zitat in gewisser Weise selbst entkrĂ€ftet. Sie hat auf ihr GlĂŒck gewartet – und es kam nicht! Beziehungsweise gerade als es da war, ist sie gestorben. HĂ€tte sie sich da mal lieber beispielsweise folgendes Zitat zu Herzen genommen:
Jeder ist seines eigenen GlĂŒckes Schmied.
Vielleicht hĂ€tte sie fĂŒr ihr eigenes GlĂŒck mehr Sorge tragen können – man weiĂ es nicht, aber das Gegenteil weiĂ man genauso wenig. Ihr Zitat hingegen ist nur demotivierend. Das GlĂŒck kommt einfach nicht, wenn man nur darauf wartet und nichts tut. Zudem gibt sie jedem faulen Menschen damit recht, indem sie ĂŒbersetzt sagt: „Bleib auf deinem Sofa sitzen, irgendwann passiert schon was tolles.“ NatĂŒrlich ist es fĂŒr manche Menschen bestimmt Ă€uĂerst Trost spendend, wenn sie wissen, dass sie gar nichts dafĂŒr können, dass ihnen nicht Gutes geschieht. Ich finde so eine Aussage eine der schlimmsten ĂŒberhaupt. Denn sie bedeutet doch nichts anderes, als dass man warten muss, bis man GlĂŒck hat. Ich bin vielmehr der Meinung, dass man dafĂŒr sorgen sollte, dass es einem gut geht und nicht darauf vertrauen sollte, dass es irgendwann schon besser wird. Dass man sich anstrengen sollte, um seine TrĂ€ume verwirklichen zu können und ich bin der Ansicht, dass man sich sein GlĂŒck selbst verdienen kann. Und:
Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt,
dann muss der Prophet eben zum Berg.
Also: Strengt euch an fĂŒr euer GlĂŒck – dann könnt ihr sicher sein, dass es auch kommt!
Und eben aus diesem Grund werde ich mich jetzt auch wieder ans Lernen machen ;) Denn die Mathematik kommt ganz sicher nicht alleine zu mir – also geh ich ihr lieber ganz ganz hĂ€ufig entgegen, auch – oder gerade weil – es mir im Moment noch eher schwer als leicht fĂ€llt. Aber ich weiĂ, dass ich nicht einfach abwarten kann, denn dann habe ich nichts gelernt und GlĂŒck allein hilft dann auch nicht mehr weiter.
Und noch etwas zum Schluss: Wer jetzt denkt, dass Paula’s Zitat mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, als das ihm vorangegangene Goethe-Zitat, dem darf ich Folgendes zu bedenken geben:
Goethes Zitat kann sehr gut fĂŒr sich alleine sprechen und darf daher auch einen ganzen Artikel fĂŒr sich beanspruchen, ohne dass ihm jemand hineinredet – es hat somit uneingeschrĂ€nkte Aufmerksamkeit.