Treacle Well in Binsey

Wir waren mal wieder in Oxford und sind dieses Mal aber auch viel in England herumgereist. Daher werden hier in Zukunft noch ein paar Städte rund um Oxford behandelt werden.

Ein Thema, das aber vor allem Oxford selbst betrifft, ist Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“. Die  Alice aus der Geschichte ist nämlich einem Mädchen nachempfunden, das in Oxford lebte – Alice Liddell. Lewis Carroll, dessen richtiger Name übrigens Charles Lutwidge Dodgson ist, lebte zu dieser Zeit in Oxford und studierte am Christ Church College Mathematik, Theologie und klassische Literatur – ähnliche Studienfächer wie ich, nur ohne Theologie ;). Später lehrte er in Christ Church Mathematik auch als Dozent.

Christ Curch im November vor zwei Jahren. Es ist das größte College in Oxford.

Der Speisesaal von Christ Church diente auch als Vorbild fĂĽr Harry Potter.

Alice war die Tochter des Dekans von Christ Church, der er wohl bei einem Bootsausflug auf der Themse Geschichten erzählte und da sie ihn bat diese aufzuschreiben, entstand somit „Alice im Wunderland“. In den Alice-Büchern wird viel mit Logik und Sprachwitz gespielt, ganz den Studienfächern entsprechend. Egal wie man zu diesen Büchern stehen mag – meiner Meinung nach geht es manchmal fast zu verdreht zu – so geht von ihnen doch immer wieder eine gewisse Faszination aus. Es ist eben doch ein Wunderland, in das man dort hineingezogen wird. Außerdem: Wer sich etwas mit Traumdeutung beschäftigt, weiß auch vielleicht, dass Träume oft die Realität gegenteilig abbilden – stirbt man beispielsweise im Traum, so kann man, grob gesprochen sagen, dass man in der Realität etwas ins Leben ruft. Alice träumt ja schließlich auch, dass sie in dieses Kaninchenloch fällt – mit der Traumdeutung im Blick ist es so schon fast logisch, dass dieses Wunderland die Realität auf den Kopf stellt und viele Dinge genau anders herum sind als in der realen Welt.

Da Oxford also mit Alice eng verbunden ist, gibt es dort nicht nur einen Alice-Shop, sondern auch zahlreiche Schauplätze, die sich in den Geschichten im Buch in veränderter Form wieder finden. Einen dieser Schauplätze möchte ich nun vorstellen. Er streift Alice nur am Rande, lässt sich aber wunderbar mit einem schönen Spaziergang durch die englische Natur verbinden und ist auch in Wirklichkeit ein zauberhafter Anblick. Das knifflige an der Unternehmung und daher auch einen Blogeintrag wert, ist allerdings die Tatsache, dass der Platz versteckt und nicht leicht zu finden ist.

Bei dem Schauplatz handelt es sich um einen sagenumwobenen Brunnen – engl. „well“.

Der Eingang zum Brunnen.

Die Geschichte geht zurück ins Frühmittelalter zu Zeiten der Heptarchie in England, als England noch in sieben Königreiche unterteilt war (Essex, Sussex, Wessex, Kent, East Anglia, Mercia, Northumbria) – also um etwa 700 nach Christus.

Zu dieser Zeit lebte in Oxford ein Mädchen namens Frideswide (Schutzpatronin von Oxford). Sie war die Tochter eines christlichen Edelmannes und wurde von dem Prinz Algar aus Mercia (dt. Mercien) verfolgt, der sie heiraten wollte. Da sie dies jedoch nicht wollte, floh sie nach Binsey – einem Vorort von Oxford. Dort arbeitete sie drei Jahre lang und hĂĽtete Schweine (einem Flyer aus Binsey zufolge). Währenddessen suchte der Prinz nach ihr, als er durch einen Blitzschlag plötzlich erblindete. Frideswide erfuhr davon und betete zu St. Margareta von Antiocha, dass ihm sein Augenlicht wiedergeschenkt werden möge. Da erschien plötzlich ein Brunnen neben der Kirche in Binsey (Saint Margaret’s Church). Mit diesem Wasser konnten die Augen des Prinz geheilt werden – eigentlich heiĂźt der Brunnen daher auch St. Margaret’s Well.

Ganz unten sieht man immer noch etwas Wasser.

Auf diesen Brunnen bezieht sich Lewis Carroll als er Alice beim Hutmacher zusammen mit der Haselmaus über einen „treacle well“, einen Sirup-Brunnen, philosophieren lässt. Die Frage von Alice ist, wie man den Sirup aus dem Brunnen bekommt, wenn man selbst darin sitzt. Zu dieser Überlegung meint die Haselmaus nur, dass man ja schließlich auch Wasser aus einem Wasserbrunnen ziehen könnte und daher folgen muss, dass man auch Sirup aus einem Sirup-Brunnen ziehen kann – sie vernachlässigt also einfach die Schwierigkeit was wäre, wenn man im Brunnen sitzt – so habe ich es zumindest verstanden ;)

Was hat der Sirup-Brunnen nun mit dem Brunnen aus Binsey zu tun? Im Mittelalter bedeutete „treacle“ nicht nur Sirup, sondern auch Heilsalbe und da das Wasser im Brunnen wie eine Heilsalbe für die Augen des Prinzen war, nannte man den Brunnen eben auch „treacle well“ – also grob gesprochen einen Brunnen voller Heilsalbe. In „Alice im Wunderland“ wurde die mittelalterliche Bedeutung dann durch die neue ersetzt und so entstand der Sirup-Brunnen, dessen philosophische Frage auch schon im Baron Münchhausen thematisiert wird, der sich unlogischer Weise an seinem eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen konnte. Sogar mathematisch lässt sich diese Thematik mit dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz beschreiben, der sinngemäß besagt, dass es in einem abgeschlossenen System Aussagen gibt, die innerhalb dieses Systems weder beweisbar noch widerlegbar sind – genau genommen sind es zwei Unvollständigkeitssätze, die das besagen, aber aufgrund ihrer Ähnlichkeit unter dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz zusammengefasst werden. Hans Magnus Enzensberger hat dazu ein Gedicht mit dem Titel „Hommage à Gödel“ geschrieben.

Die Frage im Zusammenhang mit dem Brunnen, die Alice stellt, ist also schon länger Thema in der Literatur. Warum Lewis Carroll aber ausgerechnet diesen „treacle well“ gewählt hat, kann man nur vermuten. Vielleicht weil Alices Kindermädchen dort in der Nähe gewohnt hat. Die Familie von Alices Kindermädchen (mit Nachnamen Prickett) liegt nämlich übrigens auf dem Friedhof bei der Kirche begraben – daher findet man dort viele Grabsteine mit Namen Prickett.

Die kleine Kirche von auĂźen gesehen.

Von Oxford nach Binsey sind es knapp 2km, was man also problemlos laufen kann. Ein Ausflug dorthin lohnt sich auf jeden Fall. Die kleine Kirche zusammen mit dem moosbewachsenen Friedhof und dem Brunnen unten in der Erde hat etwas Magisches. Nach diesem Ausflug kann man einen kleinen Spaziergang entlang der Themse anschlieĂźen.

Nun also eine kurze Wegskizze in Bildern, wenn man es schonmal bis nach Binsey geschafft hat:

Das ist Binsey, wenn man die Binsey Lane entlang geht - rechts geht es zur Themse und zum Restaurant "The Perch", links an den Häusern vorbei kommt man zu der Kirche und dem Brunnen.

Hier muss man sich trauen weiter gerade aus zu gehen - es geht nicht in einen Hinterhof, sondern auf einer StraĂźe nach rechts weiter.

Hier ein Abschnitt dieser StraĂźe ;)

Man läuft dann nach etwas längerer Zeit direkt auf dieses Tor zu - hier geht es dann links zur Kirche (steht auch auf einem Schild) - also nicht von den vielen Verbotsschildern einschüchtern lassen :)

St. Margaret's Church - auf der linken Seite hinter der Kirche befindet sich dann der "Treacle Well".

Bodensee-Tour: Konstanz, Meersburg, Unteruhldingen, Salem, Birnau

Unsere Reiseroute - spontan erstellt.

Zum PrĂĽfungsabschluss des Referendariats haben wir drei – leider ohne unsere vierte „Dame“ – einen Kurztrip nach Konstanz unternommen und da es dort in der Nähe so viele schöne Dinge gibt, sind wir nicht nur in Konstanz geblieben, sondern haben unsere Rundreise etwas erweitert. Links ist unsere Route zu erkennen, die recht spontan und ohne größere Planung entstand und vermutlich auch deshalb so viel SpaĂź gemacht hat.

Im Folgenden soll nun ein kleiner Ăśberblick ĂĽber die verschiedenen Stationen gegeben werden – einerseits als Erinnerung, andererseits als Ausflugsvorschläge fĂĽr Interessierte.

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Konstanz

Konstanz wĂĽrde ich als typische Studentenstadt mit Bonus beschreiben. Ăśberall finden sich kleine Bistros und Bars, sie ist nicht allzu groĂź und – was nicht fehlen darf – sie hat eine Universität. Da es die Studienstadt von einer von uns dreien war, haben wir viele neue nette Leute kennen gelernt und so einen sehr persönlichen Eindruck von Konstanz gewonnen. Als wir am ersten Tag zur Uferpromenade gelaufen sind, konnten wir verstehen, dass man an so einen Ort gerne zurĂĽckkommen will, denn dort ist es wirklich atemberaubend schön.
Das Wasser ist sehr klar und an sonnigen Tagen fĂĽhlt man sich wie am Mittelmeer.

Wir sind aus dem Fotografieren ĂĽberhaupt nicht mehr herausgekommen, da man die Kamera eigentlich recht wahllos irgendwohin halten konnte und so gut wie immer hatte man am Ende ein tolles Foto.

Vor allem auch die alten Häuserfronten an der Seepromenade sahen wunderschön aus, wenn auch das ehemalige Telekomgebäude das Bild etwas gestört hat.

Zu obigem Bild gehört ein Rätsel. Daher möchte ich jeden auffordern die goldene Schrift einmal laut vorzulesen – am Ende des Artikels findet ihr dann die Auflösung. So gut wie jeder liest es am Anfang erst einmal falsch.

Diese gefĂĽllten Teigtaschen (Börek), die man dort in den tĂĽrkischen Restaurants bekommen hat, waren etwas knifflig – nicht bezĂĽglich des Essens an sich, denn geschmeckt haben sie sehr gut, sondern das Bestellen war irgendwie schwierig. Vielleicht war auch der Fehler daran, dass ich gerne eine Teigtasche nur mit GemĂĽse wollte – wer weiĂź. Jedenfalls habe ich – auch um es zu testen – diese vegetarische Tasche zwei Mal, jeweils bei einem anderen tĂĽrkischen Restaurant bestellt und beide Male bekam ich nicht das bestellte Gericht, sondern eine Tasche, die nur mit Spinat gefĂĽllt war. Es war schon seltsam, dass sie gerade immer mit diesem Gericht so ihre Probleme hatten.

Am zweiten Tag haben wir uns morgens einmal die Uni angeschaut. Da Pfingstsonntag war, war natĂĽrlich nicht allzu viel los, aber ein paar Studenten waren dennoch dort. Ich muss sagen, hätte ich in Konstanz studiert, wĂĽrde ich die Studenzeit vielleicht auch vermissen, in Stuttgart geht es mir leider nicht so. Obwohl sich die beiden Unis von den Gebäuden her recht ähnlich sind, hat die in Konstanz doch einen entschiedenen Vorteil: Von der Mensa aus hat man einen fabelhaften Blick auf den Bodensee. Man sieht sogar die Insel Mainau (links im Bild). Auf der Mainau waren wir allerdings nicht – ĂĽber ein Pfingstwochenende dort hin zu gehen, ist sicher nicht empfehlenswert, da sie zumindest von der Uni aus gesehen, sehr voll schien.

Meersburg

Von der Uni aus kann man dann hinunter zum Hafen laufen und mit der Fähre nach Meersburg fahren. Das erste Mal sind wir einfach so hinüber gefahren und haben festgestellt, dass wir wohl einen verkaufsoffenen Pfingstsonntag erwischt haben. Das Städtchen war übervoll mit Touristen, sodass wir nicht allzu lange geblieben sind. Dennoch ist es ein sehr schöner Ort mit vielen Weinbergen und demzufolge einigen Weinguten.

Unteruhldingen

An unserem letzten Tag sind wir wieder mit der Fähre nach Meersburg gefahren, dieses Mal jedoch mit dem Auto. Wir haben auch keinen Stopp eingelegt, sondern sind weitergefahren zu den Pfahlbauten in Unteruhldingen. Dort findet sich der Nachbau einer Steinzeitsiedlung, die damals so auf den Pfählen existiert haben soll. Der Nachbau erstreckt sich über die Steinzeit und die Bronzezeit. Die Pfahlbauten an sich gehören zum Weltkulturerbe.

Salem

Danach ging es weiter nach Salem. Am Eliteinternat sind wir nur vorbeigefahren, da wir vorrangig den Affenberg besuchen wollten. Wie der Name schon sagt, ist der Affenberg ein Berg voller Affen. Er ist eingezäunt, aber dennoch ist das Gehege dort so groĂź, dass die Affen halbwegs frei leben können. Durch diesen Affenberg fĂĽhrt ein Weg, den man als Besucher – ausgestattet mit dem dort verfĂĽgbaren Popcorn – entlang laufen kann. Die Affen kommen dann fĂĽr einen Snack an den Wegesrand und man kann sie fĂĽttern. Alles in allem ein lustiges Erlebnis.

Neben den Affen gibt es auch noch unzählige Störche dort, die ĂĽberall auf den Häusern und in den Baumkronen nisten. Leider waren wir dabei, als ein Storchennest zusammen mit dem morschen Ast, auf dem es gebaut war, abgestĂĽrzt ist – das Storchenbaby hat es leider nicht ĂĽberlebt. Zum GlĂĽck war nur eines in dem Nest, in anderen waren bis zu fĂĽnf, aber dennoch war es traurig. Hier sieht man die Störche bei der FĂĽtterung – sie bekommen beispielsweise KĂĽken oder auch Hamster zu essen – zumindest sah es danach aus. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde mir so richtig bewusst, dass Vögel – und eben nicht nur Raubvögel im Speziellen – eigentlich Fleischfresser sind. Ich wusste zwar, dass Vögel WĂĽrmer essen und Störche beispielsweise Frösche, aber als Fleischfresser habe ich sie trotzdem irgendwie nie gesehen.

Birnau

Bevor wir dann ganz nach Hause gefahren sind, haben wir noch einen Abstecher zur Birnau gemacht. Das ist eine barocke Kirche mit tollem Blick auf den Bodensee. Das Innere der Kirche ist wirklich sehr schön, aber da man da keine Fotos machen darf, muss man googeln, um ein Bild davon zu sehen. Die Kirche liegt inmitten von Weinbergen und war ein sehr schöner Abschluss für unseren Pfingsttrip.

In diesem Sinne: Vielen Dank euch beiden fĂĽr ein unvergessliches Wochenende – ihr seid die besten Referendarsfreundinnen ;) (neue Wortkreation). Vor allem auch dank unserer tollen Truppe, werde ich an das Referendariat mit Freude zurĂĽckdenken – es ist zwar noch nicht ganz vorbei, aber bis jetzt hat es trotz der Anstrengung sehr viel SpaĂź gemacht.

Auflösung zum Namen der Apotheke: Nicht Biergarten, sondern Tiergarten Apotheke ;)