Brighton

Brighton wollte ich unbedingt einmal sehen. Gefühlt jeder schwärmt davon und ich wollte mir selbst ein Bild machen.
Also waren wir Ende August diesen Jahres in Brighton – mit dem Auto auf die Fähre von Calais nach Dover und dann die SĂĽdkĂĽste Englands entlang. Das hört sich romantischer an als es war, da man vom Atlantik von der StraĂźe aus nicht viel gesehen hat – idyllisch war es dennoch, denn die kleinen englischen Ortschaften schaffen es nicht umsonst in allerlei Filmproduktionen. Linksfahren ist ĂĽbrigens schneller gelernt als gedacht und wenn man auf zweispurigen StraĂźen einmal raus hat, dass die schnelle Spur rechts entlang läuft, geht’s noch schneller.

In Brighton waren wir im The Grand Brighton Hotel – einem der ältesten und ehrwĂĽrdigsten (siehe Foto oben). Es zwar zauberhaft – vor allem auch der Roomservice und der nette Concierge mit allerlei Witzen. Und natĂĽrlich nicht zu vergessen, unser Zimmer zum WohlfĂĽhlen mit direktem Blick auf den Atlantik. Wenn wir noch einmal nach Brighton kommen sollten, wĂĽrden wir auf jeden Fall wieder ins The Grand Brighton Hotel gehen.

Erstaunt hat uns in Brighton allerorts der „echte“ englische Rasen. Man sieht es auf dem folgenden Bild mit Rasen – der eingezäunte ist echt, der andere Kunstrasen.

Geschmeckt hat vor allem der Catch of the day (Fang des Tages) und die frischen Austern (wobei ich bei zweitem Punkt nur fĂĽr mich sprechen kann) in einem Restaurant direkt am Atlantik.

Die typischen Touristenattraktionen haben wir natĂĽrlich auch besucht:

  • British Airways i360 (tolle Aussicht und ein GefĂĽhl wie beim Boarding im Flugzeug)
  • die kleinen bunten HĂĽttchen (auĂźer, dass es bunte Abstellkammern sind, haben wir nichts herausgefunden)
  • Royal Pavilion (beeindruckend exotisch und schade, dass man nicht fotografieren darf)
  • Brighton Palace Pier (eine Spielhölle mit zahlreichen Spielautomaten)
  • Fish ’n‘ Chips (nicht unser Fall)
  • das abgebrannte Pier (ein schöner apokalyptisch anmutender Orientierungspunkt im Meer)

und natĂĽrlich die „The Lanes“, ein Bezirk, der aussieht wie die Winkelgasse bei Harry Potter und in dem sich ein Juwelier an den anderen reiht – Verlobungsringe scheinen in England in Massen vorhanden, fast schon etwas inflationär. Da bin ich auf meinen sorgfältig ausgesuchten und extra angefertigten im Nachhinein sogar noch glĂĽcklicher und stolzer gewesen – aber das ist ein anderes Kapitel.

Treacle Well in Binsey

Wir waren mal wieder in Oxford und sind dieses Mal aber auch viel in England herumgereist. Daher werden hier in Zukunft noch ein paar Städte rund um Oxford behandelt werden.

Ein Thema, das aber vor allem Oxford selbst betrifft, ist Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“. Die  Alice aus der Geschichte ist nämlich einem Mädchen nachempfunden, das in Oxford lebte – Alice Liddell. Lewis Carroll, dessen richtiger Name übrigens Charles Lutwidge Dodgson ist, lebte zu dieser Zeit in Oxford und studierte am Christ Church College Mathematik, Theologie und klassische Literatur – ähnliche Studienfächer wie ich, nur ohne Theologie ;). Später lehrte er in Christ Church Mathematik auch als Dozent.

Christ Curch im November vor zwei Jahren. Es ist das größte College in Oxford.

Der Speisesaal von Christ Church diente auch als Vorbild fĂĽr Harry Potter.

Alice war die Tochter des Dekans von Christ Church, der er wohl bei einem Bootsausflug auf der Themse Geschichten erzählte und da sie ihn bat diese aufzuschreiben, entstand somit „Alice im Wunderland“. In den Alice-Büchern wird viel mit Logik und Sprachwitz gespielt, ganz den Studienfächern entsprechend. Egal wie man zu diesen Büchern stehen mag – meiner Meinung nach geht es manchmal fast zu verdreht zu – so geht von ihnen doch immer wieder eine gewisse Faszination aus. Es ist eben doch ein Wunderland, in das man dort hineingezogen wird. Außerdem: Wer sich etwas mit Traumdeutung beschäftigt, weiß auch vielleicht, dass Träume oft die Realität gegenteilig abbilden – stirbt man beispielsweise im Traum, so kann man, grob gesprochen sagen, dass man in der Realität etwas ins Leben ruft. Alice träumt ja schließlich auch, dass sie in dieses Kaninchenloch fällt – mit der Traumdeutung im Blick ist es so schon fast logisch, dass dieses Wunderland die Realität auf den Kopf stellt und viele Dinge genau anders herum sind als in der realen Welt.

Da Oxford also mit Alice eng verbunden ist, gibt es dort nicht nur einen Alice-Shop, sondern auch zahlreiche Schauplätze, die sich in den Geschichten im Buch in veränderter Form wieder finden. Einen dieser Schauplätze möchte ich nun vorstellen. Er streift Alice nur am Rande, lässt sich aber wunderbar mit einem schönen Spaziergang durch die englische Natur verbinden und ist auch in Wirklichkeit ein zauberhafter Anblick. Das knifflige an der Unternehmung und daher auch einen Blogeintrag wert, ist allerdings die Tatsache, dass der Platz versteckt und nicht leicht zu finden ist.

Bei dem Schauplatz handelt es sich um einen sagenumwobenen Brunnen – engl. „well“.

Der Eingang zum Brunnen.

Die Geschichte geht zurück ins Frühmittelalter zu Zeiten der Heptarchie in England, als England noch in sieben Königreiche unterteilt war (Essex, Sussex, Wessex, Kent, East Anglia, Mercia, Northumbria) – also um etwa 700 nach Christus.

Zu dieser Zeit lebte in Oxford ein Mädchen namens Frideswide (Schutzpatronin von Oxford). Sie war die Tochter eines christlichen Edelmannes und wurde von dem Prinz Algar aus Mercia (dt. Mercien) verfolgt, der sie heiraten wollte. Da sie dies jedoch nicht wollte, floh sie nach Binsey – einem Vorort von Oxford. Dort arbeitete sie drei Jahre lang und hĂĽtete Schweine (einem Flyer aus Binsey zufolge). Währenddessen suchte der Prinz nach ihr, als er durch einen Blitzschlag plötzlich erblindete. Frideswide erfuhr davon und betete zu St. Margareta von Antiocha, dass ihm sein Augenlicht wiedergeschenkt werden möge. Da erschien plötzlich ein Brunnen neben der Kirche in Binsey (Saint Margaret’s Church). Mit diesem Wasser konnten die Augen des Prinz geheilt werden – eigentlich heiĂźt der Brunnen daher auch St. Margaret’s Well.

Ganz unten sieht man immer noch etwas Wasser.

Auf diesen Brunnen bezieht sich Lewis Carroll als er Alice beim Hutmacher zusammen mit der Haselmaus über einen „treacle well“, einen Sirup-Brunnen, philosophieren lässt. Die Frage von Alice ist, wie man den Sirup aus dem Brunnen bekommt, wenn man selbst darin sitzt. Zu dieser Überlegung meint die Haselmaus nur, dass man ja schließlich auch Wasser aus einem Wasserbrunnen ziehen könnte und daher folgen muss, dass man auch Sirup aus einem Sirup-Brunnen ziehen kann – sie vernachlässigt also einfach die Schwierigkeit was wäre, wenn man im Brunnen sitzt – so habe ich es zumindest verstanden ;)

Was hat der Sirup-Brunnen nun mit dem Brunnen aus Binsey zu tun? Im Mittelalter bedeutete „treacle“ nicht nur Sirup, sondern auch Heilsalbe und da das Wasser im Brunnen wie eine Heilsalbe für die Augen des Prinzen war, nannte man den Brunnen eben auch „treacle well“ – also grob gesprochen einen Brunnen voller Heilsalbe. In „Alice im Wunderland“ wurde die mittelalterliche Bedeutung dann durch die neue ersetzt und so entstand der Sirup-Brunnen, dessen philosophische Frage auch schon im Baron Münchhausen thematisiert wird, der sich unlogischer Weise an seinem eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen konnte. Sogar mathematisch lässt sich diese Thematik mit dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz beschreiben, der sinngemäß besagt, dass es in einem abgeschlossenen System Aussagen gibt, die innerhalb dieses Systems weder beweisbar noch widerlegbar sind – genau genommen sind es zwei Unvollständigkeitssätze, die das besagen, aber aufgrund ihrer Ähnlichkeit unter dem Gödelschen Unvollständigkeitssatz zusammengefasst werden. Hans Magnus Enzensberger hat dazu ein Gedicht mit dem Titel „Hommage à Gödel“ geschrieben.

Die Frage im Zusammenhang mit dem Brunnen, die Alice stellt, ist also schon länger Thema in der Literatur. Warum Lewis Carroll aber ausgerechnet diesen „treacle well“ gewählt hat, kann man nur vermuten. Vielleicht weil Alices Kindermädchen dort in der Nähe gewohnt hat. Die Familie von Alices Kindermädchen (mit Nachnamen Prickett) liegt nämlich übrigens auf dem Friedhof bei der Kirche begraben – daher findet man dort viele Grabsteine mit Namen Prickett.

Die kleine Kirche von auĂźen gesehen.

Von Oxford nach Binsey sind es knapp 2km, was man also problemlos laufen kann. Ein Ausflug dorthin lohnt sich auf jeden Fall. Die kleine Kirche zusammen mit dem moosbewachsenen Friedhof und dem Brunnen unten in der Erde hat etwas Magisches. Nach diesem Ausflug kann man einen kleinen Spaziergang entlang der Themse anschlieĂźen.

Nun also eine kurze Wegskizze in Bildern, wenn man es schonmal bis nach Binsey geschafft hat:

Das ist Binsey, wenn man die Binsey Lane entlang geht - rechts geht es zur Themse und zum Restaurant "The Perch", links an den Häusern vorbei kommt man zu der Kirche und dem Brunnen.

Hier muss man sich trauen weiter gerade aus zu gehen - es geht nicht in einen Hinterhof, sondern auf einer StraĂźe nach rechts weiter.

Hier ein Abschnitt dieser StraĂźe ;)

Man läuft dann nach etwas längerer Zeit direkt auf dieses Tor zu - hier geht es dann links zur Kirche (steht auch auf einem Schild) - also nicht von den vielen Verbotsschildern einschüchtern lassen :)

St. Margaret's Church - auf der linken Seite hinter der Kirche befindet sich dann der "Treacle Well".

London Heathrow und Lufthansa

Was sich gerade in England an den Flughäfen und auf den StraĂźen abspielt, ist einfach nur noch unglaublich. Wir hätten Weihnachten bestimmt alleine in England verbringen mĂĽssen, wenn wir nicht unsere „Retter“ gehabt hätten :)

Ein Freund von uns muss jetzt von England aus mit dem Bus nach Lettland, weil die Engländer einfach mit dem Schnee nicht fertig werden. Und es ist noch fraglich, ob das mit dem Bus klappt. Auf die Bahn ist auch kein Verlass, denn auch sie bricht jetzt unter der Doppelbelastung durch die Menschen, die vom Flug auf den Zug umsteigen wollten, zusammen. Alleine in Oxford hat ein bischen Schnee zum totalen Zusammenbruch der öffentlichen Verkehrsmittel gefĂĽhrt und manche Autofahrer haben ihre Autos einfach auf der StraĂźe stehen lassen – so etwas wie Winterreifen gibt es dort wohl nicht. Es wurde auch nichts geräumt – also wirklich nichts. Ein paar Tage nachdem es schon längst wieder aufgehört hatte zu schneien, waren die StraĂźen immer noch voll Schneematsch und die Autos sind im Schrittempo gefahren, denn mit ungeeigneten Reifen kann auch so ein bischen Matsch schon eine ordentliche Rutschpartie verursachen:

Auch in Deutschland wird nicht jede einzelne kleine StraĂźe geräumt, aber die obige gehört zu den HauptstraĂźen. Das untere Bild zeigt eine „StraĂźe“ in einer Siedlung – nur an den Spuren im Schnee lässt sich erahnen, dass sich darunter eine StraĂźe befindet:

Wie gesagt wird auch in Deutschland nicht jede kleine Straße von einem Räumfahrzeug geräumt, aber derartige Straßen werden dann wenigstens von den Leuten selbst weitgehendst geräumt, indem sie selbst schippen. Das haben die Leute hier auch versucht, allerdings ohne Schippschaufel, sondern mit Spaten! Das zeigt nur wieder einmal, dass Schnee in England mehr als selten ist, wenn nicht mal eine Schippschaufel vorhanden ist.

Es hat nur einen Tag geschneit und wäre das in Deutschland passiert, wären gleich Räumfahrzeuge ausgerückt und es wäre Salz gestreut worden, sodass die Straßen erst gar nicht so zugeschneit wären wie es dann hier der Fall war. Es kann ja schon sein, dass dieses bischen Schnee ein Land überfordert, in dem es sonst eigentlich kaum schneit, aber dass die Überforderung so groß wird, hätte ich nicht gedacht.

Unser Flug wurde natĂĽrlich annulliert, was wir nicht glauben konnten, denn es war immerhin schon ein ganzer Tag vergangen, an dem es nicht mehr geschneit hatte – ein Tag sollte doch eigentlich reichen die Start- und Landebahnen zu räumen. Und so sehr kalt war es eigentlich auch nicht mehr.

Das fĂĽhrt mich auch auf die eigentliche Intention dieses Blogeintrages: Es kann nicht sein, dass einfach FlĂĽge annuliert werden, keine ErsatzflĂĽge angeboten werden, die Hotline der Lufthansa zusammenbricht, die Schalter am Flughafen einfach geschlossen werden und man dann vermutlich nicht mal sein Geld zurĂĽck bekommt. Ich habe von einer Frau gehört, deren Flug auch annulliert wurde. Sie hat dann den nächsten Flug gebucht, der wurde wieder annulliert, dann hat sie wieder gebucht und auch der wurde annulliert – insgesamt wird das bestimmt ĂĽber 1000 Euro gekostet haben, denn schon so ein kleiner Flug von London nach Stuttgart kann, wenn man ihn nicht mindestens vier Wochen vorher bucht, um die 400 Euro kosten – da kommt bei mehrmaligem Buchen eine stolze Summe zusammen. Und dieses Geld muss man doch zurĂĽckerstattet bekommen! Man hat immerhin etwas gekauft und das wurde in dem Sinne nicht geliefert! Und ich finde, die Klausel ĂĽber die Annulierung von der Lufthansa gibt mir recht:

Annullierung

Sollte der Flug, auf dem Sie eine bestätigte Buchung hatten, annulliert worden sein, haben Sie ebenfalls die gleichen Rechte auf eine anderweitige Beförderung, Betreuungsleistung, Erstattung und Ausgleichsleistung wie sie oben aufgeführt sind.

Sie haben jedoch keinen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung gemäß der EU Verordnung, wenn das Vorkommnis auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätten vermeiden lassen. Beispielsweise bei schlechten Wetterbedingungen, politischer Instabilität, Streiks, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln.

(Quelle: Lufthansa)

Der entscheidende Ausdruck ist dabei „die sich bei Ergreifen aller zumutbaren MaĂźnahmen nicht hätten vermeiden lassen“. Wenn andere Flughäfen sogar mit mehr Schnee fertig werden, dann wurden meiner Ansicht nach offensichtlich in London nicht „alle zumutbaren MaĂźnahmen“ ergriffen um dem Schnee beizukommen und dieses ganze Chaos hätte sich sehr wohl „vermeiden lassen“! NatĂĽrlich waren es „auĂźergewöhnliche Umstände“, die zur Annullierung gefĂĽhrt haben, aber eben nicht solche, wie sie in der Klausel näher charakterisiert werden – also nicht solche, „die sich bei Ergreifen aller zumutbaren MaĂźnahmen nicht hätten vermeiden lassen“.

Ich werde auf jeden Fall „alle zumutbaren MaĂźnahmen“ ergreifen, um mein Geld zurĂĽckzubekommen und hoffe, durch diesen Artikel Menschen zu finden, denen es genauso ging und die es auch als eine riesengroĂźe Ungerechtigkeit empfinden, wenn jemand einfach Geld einkassiert und es behält, ohne aber eine angemessene Ersatzleistung erbracht zu haben (dazu zählt meiner Meinung nach nicht das Umwandeln in Bahntickets, wenn dann kein Zug mehr fährt). Es wäre nur gerecht, wenn jeder Fluggast sein Geld wieder zurĂĽckerhält – mal sehen wie gerecht da das Rechtssystem ist, oder ob Klauseln gefunden werden, die den Fluggesellschaften einfach mal alles erlauben.