Philosophie

Der Philosoph ohne Regenschirm

Es ist nicht alles schön auf dieser wunderschönen Welt.
Novemberstürme gibt es auch im Monat Mai.
Beschimpfe nicht den Regen, der auf dich niederfällt,
bedenke: Der meiste Regen fällt an dir vorbei.
(Fred Endrikat)

Dieses Gedicht habe ich heute morgen in der Bahn gelesen und mich sofort gefragt, was es bedeutet. Philosophen versuchen seit jeher den Dingen auf dem Grund zu gehen und so hat das Gedicht vermutlich schon einen Teil seiner Aufgabe erfüllt, wenn es – zumindest die philosophisch denkenden – Menschen zum Nachdenken anregt.
Dieses Mal schreibe ich meinen Artikel etwas anders und unterbreche ihn.an dieser Stelle. Denkt erst einmal selbst über dieses Gedicht nach. Heute Abend kommt dann meine Deutung.

Und hier ist sie schon…

Ist das Glas halbvoll oder halbleer? Dieses Beispiel hat seit jeher bei gesellschaftlichen Anlässen zu Diskussionen darüber geführt, ob man ein positiv denkender oder ein negativ denkender Mensch ist - also eher ein Optimist, oder ein Pessimist. Wichtig: Nur, wer beide Meinungen nebeneinander gelten lassen kann, ist ein Realist!

Der Philosoph weiß, dass nicht alles wunderschön und toll ist. Dennoch beklagt er seine Situation nicht, denn wenn es regnet, kann man wenig machen, außer einen Regenschirm mitzunehmen oder eben den Blickwinkel zu ändern. (Das mit dem Blickwinkel ist übrigens eine der wichtigsten Vorgehensweisen, die man machen kann.) Die Änderung des Blickwinkels eröffnet folgende Überlegung: Der meiste Regen, so heißt es in dem Gedicht, fiele an dem Philosophen vorbei und durch diese Erkenntnis, ist es für ihn auch nicht schlimm, dass er ein „Philosoph ohne Regenschrim“ ist.

Philosophen haben meist eine andere Sicht auf die Dinge als „normale“ Menschen und sehen dadurch aber auch häufig mehr. Wenn dem Philosophen klar ist, dass nicht der Regen ihm Böses will, sondern er nächstes Mal besser einen Regenschirm mitnehmen sollte, dann ist er auch in der Lage, den Regen so anzunehmen wie er nun einmal ist: Keine gemeine Verschwörungstheorie des Himmels, sondern einfach ein Naturschauspiel. Und dann wird ihm klar, dass es überall um ihn herum regnet und in Wirklichkeit nur ein kleiner Teil des vielen Regens ihn trifft. Und diese Erkenntnis kann glücklich machen. Andere Menschen werden es dann vielleicht zwar seltsam finden, wenn der Philosoph fröhlich und glücklich durch den Regen läuft, aber alle anderen, die, wie der Philosoph, auch keinen Regenschirm dabei hatten, werden auch naß. Der Unterschied zwischen diesen Menschen und den Philosophen ist nur, dass der Philosoph naß und aber glücklich ist und die anderen naß und traurig oder verärgert sind. Die abschließende Frage ist natürlich daher eine rhetorische: Wenn schon etwas nicht so läuft, wie wir es uns vorstellen, müssen wir denn dann dabei zu allem Überfluss auch noch unglücklich, traurig oder verärgert sein?

Machen wir es doch lieber wie die Philosophen und sehen die Welt auch einmal von einem andern Blickwinkel aus – von einem, der uns weiter bringt und uns in die Lage versetzt unserem Ziel, glücklich zu sein, ein bisschen näher zu kommen.

Ein Kommentar

  1. maria schmitt sagt:

    Mir gefällt das kleine Gedicht von Fred Endrikat.
    Es drückt für mich Lebenskunst aus. Mit dem was wir nicht verändern können, können wir trotzdem umgehen und uns nicht niederdrücken lassen. Aber das was ich ändern und verbessern kann, das will ich auch ändern.

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